Gegen 4:30 Uhr werde ich noch vor dem Wecker wach. Zur Toilette nehme ich das Handy mit als Taschenlampe. Den Lichtschalter möchte ich nicht noch einmal betätigen, denn da ging das Licht im gesamten Schlafsaal an.
Klaus hat meine SMS offensichtlich nicht gelesen und ich muss ja dann weiter, denke ich- da sehe ich den Anruf von Klaus in dem Moment, wo ich mit dem Handy den Weg zurück zum Bett leuchten will. So ein Zufall, denn ich habe mein Handy immer lautlos.
Klaus steht an meinem Rad- will bald weiter. Gut, sage ich, ich komme.
Keine Ahnung, ob er gerade kommt oder geschlafen hat, oder.....
Ich dusche noch schnell und bald sitzen wir noch im Dunklen auf den Rädern; folgen der SS50, denn die führt in Richtung Bassano del Grappa. Diesen Ort mit der schönen Brücke, kenne ich noch von unserem Urlaub im Valsugana. Und tatsächlich kommen wir nach einer zügigen Abfahrt ins Tal der Brenta. Vor Bassano halten wir für ein erstes Frühstück.
Und dann passiert etwas, was mir lange zu denken gibt: der Track führt zur historischen Brücke, biegt kurz zuvor nach rechts- eine kleine Abfahrt von vielleicht 2 Metern Höhe- und beim Bremsen greife ich links ins Leere- an der Vorderradbremse ist der Zug nicht mehr da, wo er sein sollte.Die Hinterradbremse zieht nur leidlich und ich komme kaum zum Stehen.
Eine Schraube hatte sich gelöst - ich musste immer wieder daran denken, was in der rasanten Abfahrt in der letzten Nacht hätte passieren könne.
Was für ein Glück, habe ich wieder einmal gehabt.
Ich repariere die vordere Bremse mit der Schraube von hinten. Die hintere bekommt Kabelbinder. So geht es erst einmal weiter. Bloß keine steile Abfahrt mehr fahren mit diesem Provisorium.
Zum Glück sind wir ja unten, also quasi schon fast auf der Höhe von Verona. Lediglich zwei Anstiege (und Abfahrten) hatte der Track noch zu bieten- wir versuchen diese zu umfahren. Überhaupt versuchen wir es noch ein paar mal mit dem Track und landen jedes Mal kurze Zeit später auf Schotterpisten.
In Creazzo (K13) stärken wir uns noch ein letztes Mal mit einer leckeren Suppe.
Es ist inzwischen wieder recht heiß geworden. Wir wollen jetzt auch ankommen aber die letzten Kilometer gleichermaßen genießen. Dazu stoppen wir noch einmal für ein Gelato.Anschließend auch unser letzter Versuch tracktreu zu fahren. Entlang eines Kanals führt auf dem Deich ein kleiner Schotterweg. Zunächst noch recht gut fahrbar, ist dieser immer mehr zugewachsen und gleicht nun eher einem Wanderweg. Die Straße ist parallel auf der anderen Kanalseite und als es dann eine Brücke gibt, gibt es kein Überlegen mehr.
Von nun an folgen wir der Straße die direkt nach Westen, also nach Verona führt.
Dort angekommen gleicht die Straßenführung einem Spaghetti- Haufen und wir fahren zunächst einmal am Ziel vorbei in Richtung Innenstadt. Langsam nähern wir uns dem Zielpunkt- einen direkten Weg gibt es nicht. Nun zeigt das Garmin, dass wir keinen Kilometer mehr entfernt vom Ziel sind, als wir an einer Bierbar vorbei kommen.
Da wir sehr durstig sind halten wir hier einmal mehr an, um uns zu erfrischen.
Leider fühle ich mich wegen des dortigen Publikums nicht besonders wohl.
Da wir während der gesamten Fahrt einen Tracker mit uns führen, können die Daheimgebliebenen uns verfolgen. Gerade hier so kurz vor dem Ziel, ist es natürlich besonders spannend und alle rätseln darüber warum 700 m vor dem Ziel die Geschwindigkeit auf 0,4 km/h steht und sich unser Punkt länger nicht bewegt.
Es ist das erste Mal, dass ich einen Tracker bei einem Brevet mit mir führte. Ein netter Zusatz für den Kontakt mit der Familie aber auch unnötiges Zusatzgewicht, wie ich fand. Natürlich kann der Tracker auch zur Kontrolle genutzt werden. So schrieben die Veranstalter im Nachhinein:
"Da es sich um eine Edizione Zero handelt, haben wir beschlossen, auch diejenigen zu berücksichtigen, die die Route nicht perfekt eingehalten haben. Nächstes Jahr, bei der offiziellen Ausgabe, werden nur diejenigen homologisiert, die der Route vollständig folgen."
Brevet fahren kenne ich anders-eher so wie es in den Regeln der TAR zu lesen ist:
"Die Strecke ist unbewacht, mit Ausnahme der Kontrollpunkte, die auch als Verpflegungsstellen dienen; sie befinden sich im Durchschnitt alle 75 km, die längste Etappe ist etwa 120 km lang. Sie haben die Aufgabe, die Einhaltung der Strecke durch die Teilnehmer zu kontrollieren, um die Genehmigung des Patents zu erhalten, und gleichzeitig die Teilnehmer während des Brevets zu unterstützen. .........
Der Radfahrer muss sich innerhalb der Frist an der Kontrollstelle einfinden, um sich validieren zu lassen.......
Der Veranstalter kann entlang der Strecke geheime Kontrollpunkte einrichten; Die Nichtbestätigung der Durchfahrt führt dazu, dass das Patent nicht anerkannt wird."
Vermutlich waren wir nicht die einzigen, die den Radweg manchmal gegen eine asphaltierte Straße tauschten. Das sagte ich auch gleich, als ich im Ziel interviewt wurde, also dass es Höhen und Tiefen gab und der Untergrund der Radwege eher einer Graveltour glich und nicht einem 1200er Brevet, so wie wir es bisher kannten.
In der Halle der Villa Guerrina war es kühl. Jetzt mussten wir erst einmal etwas regenerieren, duschen, die Sachen aus den Bagdrops sortieren und trocknen...
Auch gab es eine Massage. Ich hatte wohl Glück, dass gerade nicht so viele ins Ziel kamen- so dauerte diese 1,5 Stunden.
Wir mussten ja nun noch zum 8 Kilometer entfernten Hotel. Ich fragte nach einem Taxi und Davide, der auch die TAR 1200 gefahren war, brachte uns mit einem Bus der Sport Verona dorthin. Mitten im dichten Verkehr in der Innenstadt erklärte er uns lachend, dass er gar keinen Führerschein besitzen würde, da er Autofahren nicht mag- er wäre ja Radfahrer.
Das Euromotel Croce Bianche ist perfekt für den Aufenthalt nach einem Brevet.
Man kann die Fahrräder mit aufs Zimmer und ruhig in der Lobby sitzen, mit der Familie telefonieren und über die vergangenen Tage nachdenken.
Am nächsten Morgen gab es noch ein gutes Frühstück, bevor wir zum Bahnhof rollten. Die Rückfahrt mit dem Zug war dann auch fast ohne Abenteuer. lediglich der Umstieg in München war noch etwas spannend. Klaus wollte noch Getränke holen, während ich beide Räder zum Bahngleis schob. Der ICE ist wirklich lang und das Radabteil ganz am Ende. Es wurde nun langsam wirklich knapp, so dass mich ein Schaffner fragte, ob ich auch mit beiden Rädern fahren könnte!?
Natürlich kann ich. Also im Slalom durch die Massen einmal der Länge nach über den Bahnsteig. Kaum drinnen fuhr der Zug auch schon ab. Und Klaus? Hatte er es auch geschafft?
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