Erstes Etappenziel: Parabiago- Pontedera
470 km - 7500 Hm
Wie passend zur allgemeinen Diskussion über den Klimawandel.
Die grüne Umkehr! Passend gab es Hitzrekorde im östlichen Mittelmeerraum mit an die 50 °C. Langsam zog diese Hitze Richtung Westen und erreichte Italien rechtzeitig zu MM.
The itinerary 2020 will run through the streets in the opposite direction of the “classic” route of the first 4 editions.
Thanks to the new route, the stages with altitude difficulties are placed in the first 1000KM giving a return to Nerviano easier and more enjoyable for the riders. The last 400KM are totally flat and accompanied by the fresh waters of the longest Italian river.
Dieser Ansicht, dass die letzten 400 km dadurch leichter und vergnüglicher sein würden, teilte ich von Anfang an nicht. Im Gegenteil, ich freute mich auf die Berge und ahnte, dass die Fahrt durch die Poebene viel mentale Kraft kosten würde.
Allein schon wegen der bekannt schlechten Straßen, der Hitze und der vermutlich wenig abwechslungsreichen, geraden Straßen.
Wie gut, dass ich mit dieser Einstellung an den Start ging.
Ich war, wie üblich, über Verona mit dem Zug angereist und hatte ein Zimmer im empfohlenen Hotel gebucht und hoffte so vor dem Start Ruhe zu finden.
Dies gelang dann doch nicht so richtig. Wir waren insgesamt zu sechs Bekannte hier, vier Schleswig- Holsteiner und zwei Bekannte aus Hannover.
Die MM als Rennen fahren , so sahen es wohl eher die anderen- ich wollte mich eigentlich davon distanzieren. Ich wollte diese, für mich so besondere MM genießen. Und das heißt, bei diesem Profil, alleine fahren. Ich muss mich vor so einem Brevet immer sehr stark konzentrieren und das gelang mir hier nur wenig.
Die ersten 100 km sind ja flach- vielleicht könnten wir hier zusammen fahren und von einander profitieren- da hatte ich nichts dagegen. Wir starteten alle fast zeitgleich- dann kam von hinten ein Belgier und spannte sich vor uns.
Klasse. Er fuhr wie eine Lokomotive, gleichmäßig immer über 30 km/h.
Abwechslung brauchte er scheinbar nicht. So gleichmäßig, wie ein Uhrwerk, hätte ich stundenlang weiterfahren können. Doch irgendwann, hinter der Pontonbrücke ging auch der Belgier mal aus der Führung und sofort begann das Zupfen und Ziehen und ich verabschiedete mich schnell von der Gruppe.
Der Belgier kam noch einmal von hinten und ich wollte mich reinhängen. Das ging jetzt aber nicht mehr und so stellte ich mich schon früh darauf ein, die restlichen 1550 km alleine zu fahren.
Drei Letten kamen von hinten- mit ihnen fuhr ich eine Weile. Ein Amerikaner stand auf der Straße, mitten im Nichts, und sah gar nicht gut aus. Später erfuhr ich, dass er wegen der Hitze und zu hohem Anfangstempo aufgeben musste.
Also, vernünftig bleiben und in einem guten Tempo, gleichmäßig weiter.
Castellania am Grab von Fausto Coppi ist die erste Konrolle. Kurz bevor ich dort ankomme, fahren mir Klaus, Tom und Thomas entgegen. Sicher ein besonderer Ort, aber da ich hier schon einige Male war, halte ich mich nicht lange auf. Es ist inzwischen dunkel geworden und ich denke ein starker Kaffee wäre nicht schlecht.
In der Abfahrt finde ich ein Restaurant und bestelle einen Dopio- Amerikano.
Der nächste Kontrollort ist Casella Ligure. Die drei sitzen dort beim Essen.
Ich fülle nur meine Flaschen und fahre gleich mit ihnen weiter. Zu essen habe ich genug an Bord. Regelmäßig esse ich meine Energiekugeln- eine neue Angewohnheit, die sich in der Vorbereitung bewährt hat.
Wir fahren nun zu viert zur ligurischen Küste. Schöne lange Abfahrt.
In Sestrie Levante an der Promenade muss ich einfach anhalten. Oft hatte ich hier beim Kaffee auf Angela gewartet, die mit einer Gruppe von Langstreckenschwimmern hier ihren Ausstieg hatten. Die Luft war in dieser Nacht eigenartig- sehr warm mit einer nahezu 100% -igen Luftfeuchtigkeit. Das Trikot, das Rad alles war nass. Gleich im ersten Anstieg hinter Sestrie lass ich abreißen und als ich in Deiva ankomme, wollen die drei bald weiter. Mein erstes großes Etappenziel ist Pontedera bei km 470. Hier wollte ich meine erste Schlafpause einlegen. Ich wäre, so hatte ich im Vorfelde ausgerechnet, vermutlich sehr früh, also gegen 20:00 Uhr dort. Zu früh um zu schlafen- zu spät, um noch die nächste Etappe bis Castel Nuovo Beradegna zur passenden Schlafenszeit zu schaffen. Ich konnte es also auf diesen ersten 470 "ruhig" angehen lassen und mir 1 oder 2 h Schlaf unterwegs gönnen. Als ich die anderen auf der Turnmatte sitzen sah, war klar- hier würde ich schlafen. Es war einer der wenigen Matten hier in der Halle. Ich schlief sofort ein und wachte nach 2 h wieder auf. Das war gerade passend zum baldigen Sonnenaufgang. Die Strecke nach Levante kenne ich, es wird langsam hell und ich genieße die Abfahrt. In Levante würde ich ausgiebig frühstücken. In der Bar an der Ecke halte ich, wie auch schon 2010, und bestelle große Portionen. Viele andere Randonneure halten und frühstücken hier. Levante ist zu dieser Zeit schon sehr lebendig. Levante ist ein Küstenort- es geht also von hier erst einmal steil und lange bergan durch das berühmte Cinque Terre. Ich erinnere mich an einen Traillauf, den ich hier 2016 machte von der hintersten Küstenstadt bis zur vordersten. Oben angekommen dachte ich, ah, jetzt geht es wohl nur noch bergab bis Aulla. Hier wollte ich ein Eis essen. Denkste! Es gab eine Umleitung wegen einer defekten Brücke. Wieder sehr lange und steil bergan.
Und nun kommt die Hitze dazu. Ich bin wirklich froh endlich in der Abfahrt zu sein. Diese MM scheint ganz schön anspruchsvoll zu sein. Diesen Abschnitt, von Aulla bis Levante hatte ich, umgekehrt gefahren, nicht so schwer in Erinnerung.
In Aulla endlich das begehrte Eis. Das beste Eis der Welt, wie mir der Besitzer versichert und ich will das gerne glauben. Noch ein Anstieg bis zum nächsten Etappenziel Gorfigliano.
Die Hitze!
Die Hitze setzt mir jetzt arg zu. Es ist Mittagszeit als ich diesen Pass hochfahre.
Es ist wenig Verkehr und ich fahre abwechselnd links- und rechtsseitig, je nachdem wo Schatten ist. Weiter oben ist kaum noch Schatten. In Gorfigliano will ich etwas länger pausieren, Mittag essen, duschen...
Weiter fahre ich einigermaßen erfrischt.
Ich freu mich schon auf Castelnuovo Garfagna, einem Ort, den ich in guter Erinnerung habe. Doch leider umfahren wir den Ort auf einer Ortsumgehung.
Schade, denke ich- aber so komme ich meinem Tagesziel schneller näher.
Irgendwo halte ich, um ein Eis zu essen und treffe Werner und Pietro.
Werner erzählt mir, dass er und Pietro sich nicht verständigen können, dass Pietro aber schon eine Weile immer an seinem Hinterrad fährt.
Als wir weiterfahren, verstehe ich: dass Pietro "den toten Mann macht", er aber sobald ich in den Steigungen abreiße, schnell wieder an Werners Hinterrad ist.
Lustig- ich beobachte dies eine Weile bis die beiden in Bagni di Lucca etwas länger stehen wollen.
Ich fahre dem letzten Pass des Tages hinaus aus den Apeninen ins Arnotal alleine.
Da es immer noch recht früh ist, halte ich an einer Trattoria und esse Spaghetti.
Pontedera ist jetzt nicht mehr weit und dort gucke ich, wo ich meine Matte zum Schlafen hinlegen kann. Es sieht so aus, als ob wir draußen auf einem Rasenplatz schlafen müssen. Nicht optimal. Ich dusche unter einem Schlauch im Freien. Kalt aber gut. Dann esse ich und als ich meine Matte aufpuste, sehe ich, das Klaus neben mir schläft. Eine schöne, seltsame Verbindung- immer wieder treffen wir uns wieder.
Als ich liege, wollen er und Thomas weiter. Thomas deckt mich noch mit seinem Rettungstuch ab und von Klaus bekomme ich eine Art Kopfkissen.
2 h hatte ich in Deiva geschlafen, 2 h waren die beiden vor mir in Pontedera.
Nach Mitternacht wurde es nass und kalt- ich fror. Ich zog um unter ein Zelt, welches zum Essen bestimmt war. Dort schlief ich noch einmal bis kurz vor Sonnenaufgang.
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen