Veranstaltungen im eigentlichem Sinne gibt es ja zur Zeit nicht.
Organisierte Radtouren können nur unter besonderen Bedingungen und Regel konform durchgeführt werden. Und so hatte ich das Glück an einem der seltenen Brevets teilzunehmen, dem 300er der ARA Breisgau.
Böllchen II, so die ursprüngliche Bezeichnung, war als einziger Brevet noch nicht ausgebucht, als ich mich informierte und daraufhin auch gleich anmeldete.
Und ich sah auch gleich, woran das lag- dieser 300er hatte viele Höhenmeter und sollte vom Schwarzwald in die Schweiz und zurück über Frankreich führen.
Das Datum passte perfekt zu unserem Verwandschaftsbesuch (I- Grades) .
Es war dann schnell klar, dass wir nicht ins "Ausland" fahren dürften.
Aus "Böllchen II" wurde der "Nordschwarzwald- Brevet". Dieser bekam dann verschärfte Kontrollzeiten, wegen der neuen Ausgangssperren, sodass wir diesen Brevet mit einem Schnitt von 19,5 km/h fahren müssten, um rechtzeitig (21 Uhr) wieder aus dem entsprechenden Landkreis hinaus zu sein. Bei den Höhenmetern wäre es für mich wahrscheinlich eng geworden.
Der Landkreis Freiburg und Breisgau/Hochschwarzwald hatte keine Ausgangssperre und so machten sich die Organisatoren daran, sehr kurzfristig noch einen "Landkreis"- Brevet auf die Beine zu stellen.
Danke, an dieser Stelle für die vielen Mühen!
Individualsport im Freien mit maximal einer Person aus einem anderen Haushalt.
Also keine Veranstaltung sondern viele Individual- Sportler, die die gleiche Strecke absolvieren. Anmeldung und Kontrollen- alles kontaktlos mittels digitaler Brevet- Karte. Startzeiten waren wählbar von 4 Uhr morgens an im 10 Minuten Takt.
Ich wählte meinen Start um 07:05 , also kurz nach Sonnenaufgang.
Im Hellen im Ziel zu sein, hielt ich für sehr ehrgeizig, bzw. kaum machbar (für mich)
Deshalb entschied ich mich für das Laufrad mit Nabendynamo- ich musste mich entscheiden, da wir mit der Bahn anreisten. Auch dies eine gute Entscheidung im Übrigen- sehr bequem, schnell und kostengünstig.
K1 war am Stadttor eines kleinen malerischen Ortes am Ende der ersten Abfahrt.
Anschließend folgten ca. 40 flache Kilometer bis zu einer weiteren kleinen Rampe kurz vor K2.
Über das Profil des Brevets machte ich mir keine Sorgen: es gab zwei lange Auffahrten, die beide nach der ersten Hälfte des Brevets hinter mir liegen würden.
Der erste davon, beginnend bei km 100, war der schwierigste, steilste Anstieg. Openrunner zeigte einige Abschnitte >15% an. Durchgängig sehr steil. Aber zu dem Zeitpunkt wäre ich noch frisch und dazu wollte ich bei km 70 meinen ersten Kaffee trinken, so mein Plan. In Auggen an der B3 sollte es eine Tankstelle geben.
Doch es kam etwas anders- bei km 40 etwa traf ich Jannik. Jannik will einen Bericht über seinen ersten 300er schreiben und war neugierig- auch auf meine Erfahrungen. So erzählte ich viel und die flachen Kilometer rauschten nur so dahin.
In Auggen wollte ich dann gar nicht stoppen- ich verschob die Kaffeepause auf Kirchzarten als Belohnung für den ersten langen Anstieg.
Hinter K2 änderte sich das Profil, wurde abwechslungsreicher.
Wir fuhren überwiegend auf kleineren Straße durch die Weinberge des Markgräflerlands. Es gab einige Ortsdurchfahrten. Hübsche Gegend hier.
Kurz vor Staufen bogen wir ab ins Münstertal - von nun an ging es stetig bergan.
In Münstertal links weg den Stohren hoch- nie gehört. Ich hab das jetzt mal gegoogelt:
Der Stohren ist nicht ohne Grund ein gefürchteter Anstieg. Sogar Radprofis meiden ihn wenn die Form noch nicht ausgereift ist. Vom Münstertal aus kommend geht es links in die Steigung die sich auf 5 km mit ca. 18 % in Richtung dem Ort Stohren windet. Der Stohren ist die Verbindung vom Münstertal hoch in Richtung Schauinsland. Nach der Ortsdurchfahrt Stohren nimmt die Steigung von den Prozenten her ab und wird etwas humaner Dieser Berg ist ein Muss für alle die, die eine Herausforderung suchen.Quelle
Wenn ich das gewusst hätte....
Gut gewählt vom Streckenplaner, diesen Berg an den Anfang zu legen.
Und so hatte ich ohne den nötigen Respekt und mit noch frischen Beinen, wenig Probleme. Die Übersetzung 34/30 hat gerade so gereicht und manchmal habe ich mir eine kürzere gewünscht. Irgendwie erinnerte mich der Anstieg an den Mortirolo und nun weiß ich auch warum.
Außerdem wartete ja noch der Kaffee in Kirchzarten, doch als wir dort ankamen, lief es gerade so gut, dass wir schon bald den Ort verlassen hatten und schon waren wir drin im nächsten Anstieg zum Thurnerpass.
Immer noch waren wir zu zweit unterwegs. Jannik war im Anstieg etwas schneller als ich- doch meistens folgte darauf eine Kontrollstelle, an der wir uns wieder trafen und dann gemeinsam in die Abfahrt stürzten. Hier oben war es landschaftlich wunderschön- Schwarzwald aus dem Bilderbuch.
Mit dem Wetter hatten wir im Übrigen auch richtig Glück. Hatte ich am Morgen noch gefroren- es hatte gefroren in der Nacht, so schien tagsüber durchgehen die Sonne und es wurde richtig warm. So konnte ich die Fahrt nun richtig genießen. Auch lag das Schwierigste, die zwei langen Anstiegen hinter uns.
Vom 4. Kontrollpunkt waren wir zu fünft mit Abstand los gefahren und es ergaben sich nun abwechselnd auch einige kurze Gespräche mit anderen Randonneuren.
In der Abfahrt, ich fuhr vorne, meinte ich einen Pfiff gehört zu haben. Ich drehte mich um und keiner folgte- da fiel es mir ein, dass hier bei km 160 eine Kontrollstelle sein sollte. Zum Glück war ich nur wenige 100 m vorbei gefahren, denn die Abfahrt war steil.
An einem Gasthof standen, saßen Randonneure und tranken mit Abstand Bier. Die Organisatoren hatten eine Kühlbox platziert und eine Spendenbox- alles kontaktlos.
Etwas anders war dieser Brevet und doch war es Brevet fahren, wie ich es liebe.
Im Grunde alleine fahren und hin und wieder Gleichgesinnte treffen, die das gleiche Ziel haben.
Ich hielt mich nicht lange auf, denn nach der Abfahrt wartete der (erste!) Kaffee in Titisee, den ich jetzt auch nötig hatte. Wir hielten gleich am ersten Cafe', bestellten ein großes Stück Kuchen dazu. Wieder kamen andere Randonneure.
Wir tauschten uns aus über die 999 (ich trug das Trikot) und die anderen langen Brevets der italienischen Grand Tours Serie.
Kaffee und Kuchen waren nicht nur sehr lecker- sie machten auch schnell auf den kommenden Kilometern. Die Hälfte der Strecke hatten wir geschafft und es lief immer noch richtig gut. So hielt ich die Strecke vom Titisee über Feldberg Bärental zum Schluchsee im Nachhinein für flach. Rollte sich so weg. Als wir 3 Tage später noch einmal hier sind, merke ich, dass dies nicht so ist. Der Schluchsee ist ein Stausee, der zu dieser Jahreszeit erschreckend wenig Wasser hat. Wir fahren über die Staumauer und dann eine kleine Schleife hinauf zum Blasiwald und Muchenland. Ein Fahrer kam uns entgegen und schimpfte über den Belag!? Ich fand es hier märchenhaft schön und freute mich über die Schotterpiste in der Abfahrt. Zurück am Schluchsee rollte es weiterhin sehr gut.
Rampen gab es jetzt weniger, das Profil wurde etwas milder, jedoch das Auf und Ab blieb. In Lenzkirch K7 gönnten wir uns einen weiteres Stück Kuchen und unterhielten uns vor dem Supermarkt mit zwei Wanderern, die bei den Temperaturen draußen schliefen. Das mussten wir zum Glück nicht. Die Ankunftszeit zwischen 23 und 24 Uhr ließ sich jetzt schon einigermaßen treffsicher vorhersagen.
In Unadingen am Bahnhof trafen wir wieder einmal Walter, den Organisator. Hier nun bei km 249 war die letzte Kontrollstelle vor dem Ziel. Als wir los fuhren war es schon fast dunkel. Von den verbleibenden 60 km waren eigentlich nur noch die Hälfte zu fahren, denn danach ging es nur noch bergab. Sobald das Tageslicht gänzlich verschwunden war, wurde es gleich kalt.
Ich war froh, dass ich so viele warme Klamotten mitgeschleppt hatte, um für die großen Temperaturunterschiede gewappnet zu sein. Auf diesen letzten Kilometern erinnere ich nur die Stille. Kaum Verkehr- nur Jannik und die Fotografen mit dem französischen Kennzeichen, die immer wieder mal auftauchten und für ein gutes Foto auf der Lauer lagen. Ich war froh, dass ich so gutes Licht hatte, fuhr mittig auf der Straße, damit ich ggf. das Wild rechtzeitig sehen konnte. Die Abfahrt über St. Märgen und St. Peter war rasant.
Kurz vor Mitternacht, also knapp unter 17 h war ich dann im Ziel.
Die Frage, ob das nun Quälerei sei, gab ich nun am Ende der Tour an Jannik zurück und warte nun gespannt auf seinen Artikel in der Zeitschrift "Fahrstil"
Glücklich, endlich mal wieder einen Brevet gefahren zu sein, fiel ich wenig später ins Bett.
Einer der schönsten- aber auch anspruchsvollsten 300er, die ich gefahren bin.
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