Montag, 5. August 2019

Eifel-Graveller



In diesem Jahr kein Super- Brevet, weder PBP noch sonst wo, dass stand im letzten Jahr relativ schnell fest, nachdem ich Alpi4000 gefahren war. Darauf wollte ich mal ein Jahr pausieren- andere kleinere Ziele würde ich mir setzen. Diese waren dann auch schnell gefunden. Zum einen die Ortler- Runde, ein Brevet, der u.a. über den Stelvio führt, und ein Bikepacking Abenteuer abseits der Straßen sollten es werden.

Bikepacking Abenteuer gibt es ja inzwischen jede Menge hier in Europa- dazu muss man nicht mehr nach Iowa fliegen.
Meine Wahl fiel auf den Eifel-Graveller- bei der Ankündigung war mein Interesse gleich geweckt. 
Die Eifel habe ich landschaftlich in guter Erinnerung- Kindheits-und Jugenderinnerungen aber auch 2011 unser Kurzurlaub rund um "Rad am Ring"
Holger, der Veranstalter ist mit sehr viel Enthusiasmus und Herzblut dabei, diese 1. Veranstaltung zu organisieren. Nun fragt er nach meiner Motivation dort zu starten, weil er auf seiner Seite eine Rubrik über die Fahrer und ihre Ausrüstung "Rigs and Rider" veröffentlicht.
Dazu hatte ich hier in meinem blog mal etwas geschrieben und dies ist nach wie vor aktuell:
Kurz gesagt:
Erstens macht Brevet- Langstrecken- Fahren Spaß.
Zweitens macht Crossen Spaß.
Zieht man nun eins und zwei zusammen, erhält man doppelten Spaß.

Und hier noch die Eckdaten der Tour:
Ja, ich bin bereit, mich dem 
zu stellen.

Samstag, 3. August 2019

Tour d´ Ortles






















Die Tour d Ortles ist ein vom Athletic Club Merano organisierter, nicht profit-orientierter Audax Italia Brevet. Es geht über vier Pässe rund um den Ortler (3905 m.ü.NN). Das Höhenprofil kann sich sehen lassen und muss den Vergleich mit Ötztaler und Co nicht scheuen. Oben auf dem Stelvio, dem zweithöchsten asphaltierten Pass der Alpen, sollte man sich gut überlegen, wo man nun herunter fährt. Denn hier ist quasi schon nach 77 km ab Meran der sogenannte "point of no return" ;-)

Natürlich sind wir nicht hierher gefahren, um "nur" den Stelvio- Pass zu fahren. Normalerweise folgt darauf der Passo Gavia, aber der war immer noch gesperrt und so fuhren wir, wie auch schon die Profis beim Giro, in diesem Jahr den Mortirolo. Beide kannte ich noch nicht- beide gehören wohl zu den schwersten Anstiegen, die die Alpen zu bieten haben.

Wir, das sind Clausto und Jochen aus SH, die auch den Stelvio von der Alpi4000 kannten und Bernd aus Bayreuth- auch ein Alpi- Veteran. (siehe Bericht aus 2018)
Und darum ging es: den Stelvio einmal hoch fahren, ohne vorher 1500km Anlauf zu nehmen.
Im letzten Jahr fuhr ich hier mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 6,6 km/h hoch.
Nach einer kleinen Schlafpause vor einem Hotel in Gomagoi, allerdings ohne weiteren Stopp!
(Brutto: 5,7 km/h)
Angereist waren wir ganz entspannt mit der Bahn am Freitag. Direkt neben der Anmeldung und Startnummernausgabe gibt es einen Campingplatz mit Pool. Hier trafen wir auch Bernd.

Am Samstag morgen um 5 Uhr war es fast hell. Ca. 150 Fahrer warteten auf den Startstempel- doch den gab es dann doch nicht, wie angekündigt- wir sind eben in Italien, auch , wenn man es sonst hier in Südtirol kaum merkt. Die Strecke führt zunächst auf den schon bekannten, gut ausgebauten Vinschgau- Radweg entlang der Adige hinauf. Die Adige führt eisiges Wasser und lässt uns leicht frösteln. Am Start war es schon relativ warm gewesen, so dass wir alle kurz/kurz starteten. Überhaupt waren die Wetterprognosen mehr als gut und so ließen wir die Regensachen im Zelt. Nur gegen Abend konnten wir vielleicht mit etwas Gewitter rechnen- dann wären wir aber schon fast im Ziel und es würde uns nicht allzu sehr stören nass zu werden.
Das Tempo war gleich zu Anfang recht hoch- wir jedoch wollten genießen- die Tour ruhig angehen.
Jochen und ich, die wir uns noch hatten etwas mitreißen lassen, warteten später aber dann auf Clausto, der sich tatsächlich ganz am Ende des Feldes befand. Warum nicht mal von ganz hinten starten. Bernd war weiter vorne und wollte sich dann am Stelvio von uns überholen lassen.
Diese Position sollten wir dann tatsächlich, wider Erwarten behalten. Es waren starke Fahrer hier- das merkten wir bald.
Am Fuße des Stelvio wollte ich noch einen Kaffee trinken.  Jochen und Clausto wollten nicht vor der Passhöhe am ersten Kontrollpunkt stoppen. Fühlten sie sich schon durch unsere Position im Feld unter Druck- wir wollten doch eine Kaffeefahrt machen!?
Nun hielt auch ich meine Pause bewusst kurz und saß nach 9 Minuten wieder auf dem Rad.
Die Beiden wollten mich erst oben wiedersehen- ich jedoch hatte gesagt, wir sehen uns im Anstieg wieder.....
Nun fuhr ich also rasch weiter. Ich überholte ein Päärchen, die für ihren verstorbenen Freund Lorenzo fuhren, wie auf einem Schild auf dem Rucksack zu lesen war. Ich war ergriffen, grüßte und musste an meinen Freund Heinz denken. Ich würde für ihn die 49 Kehren des Stelvio hoch fahren.
Ich fuhr ungefähr eine Stunde, vorbei an dem Hotel in Gomagoi, wo ich dieses Mal nicht schlafen musste, und dann sah ich Clausto vor mir. Bald konnte ich aufschließen. Wir fuhren eine Weile zusammen, dann musste ich mal kurz stoppen und den Kaffee rauslassen- konnte wieder aufschließen und irgendwann, wir waren nun schon in den Kehren, fuhr ich an Clausto vorbei. Bisher war ich zügig unterwegs- doch dann, etwa 4 km vor der Passhöhe, ging plötzlich nicht mehr viel. Gegessen hatte ich regelmäßig- ich denke es war die Höhe, dir mir zu schaffen machte. Ich versuchte durch eine beschleunigte Atmung auszugleichen, doch das half wenig. Ich hatte das Gefühl auf der Stelle zu stehen. Dann fuhr auch Clausto zügig an mir vorbei. Ich fuhr nicht zum ersten Mal in dieser Höhe- hatte das aber noch nicht erlebt.
Am Kontrollpunkt angekommen, traf ich die anderen drei wieder. Hier oben war die Hölle los.
„Höchster Rummelplatz Europas“, hatte ich bei Qüaldich.de gelesen. Auch bei der Auffahrt nervten schon die vielen anderen Verkehrsteilnehmer und ich war froh, im letzte Jahr in der Nacht gefahren zu sein- nur zwei Autos und drei Motorräder teilten mit mir die Nacht beim Finale der alpi4000 und oben war alles still gewesen. Was für ein Glück hatte ich doch.
Heute lag dafür der Fahrschnitt bei 9,34 km/h- (und 9,28 km/h icl. Pipipausen)
Die Verpflegungsstelle lag etwas abseits des Rummels und bot reichlich zu essen und trinken.

Die Abfahrt teilten wir dann wieder mit vielen Motorrädern und einer Oldtimer- Rally.
Schöne Autos aber leider stinken sie gewaltig. Und wir können nur sehr schwer überholen. Die Hände schmerzen vom Bremsen. Immerhin es ist nicht so eisig kalt, wie im letzten Jahr.
In Bormio treffen wir uns und fahren gemeinsam recht zügig gegen den Wind hinab bis wir kurz vor Grosio (km120) den vorerst tiefsten Punkt erreicht haben.
Nun folgte der bekannt harte Anstieg auf den Mortirolo- Pass. Hierzu hatte ich meine Übersetzung vorher noch angepasst. 34/32, sollten reichen und reichten auch. Ruhig versuchte ich den Anstieg mit möglichst kleinen Gang hochzukurbeln. Prozentzahlen um 16/18% über längere Passagen, verlangen jedoch richtig viel Kraft. 1h 47 min und ich habe die 14 km mit 1200 Hm geschafft. Jochen, der sehr stark fährt wartet schon auf mich und gemeinsam warten wir dann auf die anderen beiden.
Freudig überrascht treffen wir hier Alberto, den wir im letzten Jahr vor dem Start von Berlin-Wien-Berlin in der Tiergartenquelle trafen und kennen lernten. Freudig begrüßte er auch Clausto mit den Worten: "Ich bekomme seit Wien immer Werbung vom Flixbus"- Wie peinlich! (Bericht)
Hier hinauf fuhren auch die Profis im Mai beim Giro im strömenden Regen- mir sind noch die Bilder vom zitternden Sieger Ciccone in Erinnerung. Die Namen stehen noch auf der Straße und später fahren wir die gleiche Abfahrt, die gleiche Anfahrt auf Ponte di Legno. Dort war dann das Ziel des Giro- für uns bedeutete dieser Ort der nächste Anstieg zum Passo Tonale.
Warum wir uns hier uneinig über den zu fahrenden Track wurden, weiß ich nicht. Jedenfalls war ich so mit mir beschäftigt, dass ich keine Lust auf Diskussionen hatte und einfach drauf los fuhr.
Wir stießen hier auf den ursprünglich. vom Gavia-Pass hinunter kommenden Track. Ich jedenfalls wollte nicht in diese Richtung. Jochen, Klaus und ich teilten uns oben am 3. Kontrollpunkt die letzte Flasche Wasser. Am Mortirolo waren nicht mehr viele hinter uns und hier war die Verpflegung schon leergeräumt. Auf Bernd warteten wir hier nicht, weil, wie Clausto meinte, er irgendwo angehalten hätte , um zu pausieren. Eine herrliche Abfahrt wartete auf uns. Nur manchmal bremsten uns langsam fahrende PKW etwas ein. Weiter unten, als es schon nicht mehr so steil war, überholte eine größere Gruppe mit höherem Tempo, an die wir uns anhängten. Wir erkannten Startnummern. Wir waren also doch noch nicht die Letzten gewesgen. Bernd, der ein guter Abfahrer ist, war wohl am Passo Tonale doch nicht so weit weg gewesen. Er berichtete später, dass er unseren Zug gesehen und versucht hatte, auch zu uns heranzufahren. Doch als es flacher wurde, hatte er als Einzelfahrer keine Chance gehabt. Es gab einige kleine Anstiege- nicht einmal 2%- aber doch merkte ich deutlich, dass ich dieses Tempo nicht lange mitfahren konnte. Und so waren wir bald wieder zu dritt und wenig später waren Clausto und ich zu zweit. Wir wollten Jochen nicht länger bremsen und ließen ihn ziehen. (Hätten wir eine Wahl gehabt?) Ich merkte, als nun nach mehr als 200 km der letzte Anstieg zum Passo Palade (Gampen) begann, meine Beine so langsam leer gefahren waren. Diesen Pass kannte ich nun auch schon aus dem letzten Jahr und wusste, dass er nicht sehr steil war.
Das Wetter hatte sich inzwischen verändert und das angekündigte Gewitter war nun schon zu hören- auch der Himmel wurde immer dunkler. In Brez kurz vor Fondo begann es dann zu regnen.
Am Ortsende sah ich eine Käserei- hier konnten wir uns unterstellen. Als der Regen dann heftiger wurde, gingen wir in den Laden, kauften uns einige Milchprodukte. Die waren jetzt sehr köstlich. Die Bedienung brachte uns Stühle. Wenig später kam Bernd zur Türe hinein, schon völlig durchnässt. Er wollte dann auch bald weiter, um nicht zu frieren. Wir warteten bis der Regen vorbei gezogen war und der Himmel schon wieder aufklarte.
Der letzte Kontrollpunkt war dann auch erreicht und nun folgte die rasante Abfahrt über Lana nach Merano, die ich ja schon kannte. Unten im Tal war es trocken und immer noch sehr warm.
Wir erreichten das Ziel noch im Hellen- und somit auch unser selbst gestecktes.
Sehr schön, diese Ortler- Runde. Auch anspruchsvoll.
Dies feierten wir dann noch ein wenig, bevor wir ins Zelt in unsere Schlafsäcke fielen.
Am nächsten Tag fuhren wir dann wieder entspannt zurück.