Mittwoch, 26. Juli 2017

999 Miglia Italia - Der Start und die ersten zwei schweren Tage

"Geschafft - war hart!" - Ralf war in England


"Bin pünktlich ins Ziel  :-)
War ganz schön hart- härter , als erwartet.
130 h 40 min- das ist ne lange Zeit auf dem Rad.
Nun muss ich erst einmal wieder in den Alltag finden."


hatte ich zuvor von meiner Tour berichtet. 
Werden die Touren härter oder wir weicher, frage ich nun.
Einstimmig waren wir, als wir am Ende am Mirage Sporting Club noch zusammen saßen, der Meinung, dies sei nun das Härteste gewesen, was wir je gemacht haben- deutlich härter noch als die Mille Miglia!
Und worin bestand die Härte? 
Spontan beantwortet, waren es für mich die schlechten Straßen, die wir über weite Teile der Strecke hatten;



dazu die Hitze und das Höhenprofil, damit war zu rechnen. Jede dieser Härten für sich genommen, war für mich auch kein Problem. Jedoch, wenn man 1+2+3 zusammenzählt, kommt dann noch der Schlafmangel dazu, sind wir schon bei 7 auf einer Skala von vielleicht 10.

Bis Meta di Sorrento wollte ich auf jeden Fall fahren am ersten Tag. Das sind 411 km mit 4529 Höhenmetern. Welchen Schnitt würde ich fahren können, dass hatte ich mich gefragt.
Nach dem Urlaub im Cilento konnte ich von einem Schnitt zwischen (bestenfalls)22 bis 18 km/h ausgehen. Die Ankunftszeit läge dann zwischen 01:30 und 05:00 Uhr. Bei einem schlechteren Schnitt würde es keinen Sinn machen bis Meta zu fahren- ich würde dann in Ruviano schlafen, denn ich wollte bei Sonnenaufgang wieder auf dem Rad sitzen.
(In Ruviano war um 4 Uhr morgens Kontrollschluss- um nicht ins Minus zu geraten, hätte ich hier im Dunkeln weiter fahren müssen)
Sonnenaufgang war gegen 5:30- 2 h Schlaf würde ich wohl bekommen- ich wollte zügig fahren, die Pausen kurz halten, um möglichst viel Schlaf zu bekommen. Denn der zweite Tag würde, wenn ich es bis Montescaglioso (bagdrop) schaffen wollte, mit 345 km und 5334 Hm auch nicht leicht werden.

Es kam dann doch etwas anders. Meta di Sorrento erreichte ich noch knapp vor Sonnenaufgang um 4:30 Uhr. Hier gönnte ich mir ca. 1 h Schlaf bevor es im Hellen auf die 2. Tagesetappe ging.
Im langen Anstieg zum Passo Sentinella auf der SS 166 in der Mittagshitze machte sich der Schlafmangel dann doch bemerkbar und in Athena Lucana (K 6 bei km 590) machte ich mir ernsthaft Gedanken über eine Änderung meines Planes die 999 in unter 120 h zu fahren.

Pläne gab es einige im Vorfeld und diese wurden mehr oder weniger ernsthaft diskutiert in unserer 999- whatsapp- Gruppe. Mein Plan war auf jeden Fall, im Nachhinein betrachtet, etwas zu ehrgeizig. Jedoch gehen Pläne bei einer Streckenlänge von 1600km sowieso in der Regel nicht auf.




Startaufstellung war am Sonntagmorgen ab 6:00 Uhr am Circo Massimo. Also mitten in der historischen Stadt. Von unserer Herberge im Stadtteil Trastervere war es nicht weit. Wir waren alle pünktlich dort und reihten uns in die erste Startgruppe.




vorne links:Volker
Clautso Copy
Björn der Liegeradler und Tom

Stefan


 Am Start traf ich Volker, der auch seit 2008 bei der Mille Miglia am Start ist und auch, wie ich 2016 krankheitsbedingt nicht starten konnte. Ein Südkoreaner saß auf einem abenteurlichen Klapprad. Der Start erfolgte pünktlich- Bikeangels führten uns aus der historischen Stadt hinaus- auf MTBs und auf Radwegen ! So fuhren wir also "neutralisiert", hielten brav an jeder Ampel....die Meute scharrte mit den Pedalen...wir fuhren entlang der Via Appia Antica- das bedeutete Kopfsteinpflaster. Ein besonderer Start. Eine lange Gerade bergauf erschien günstig, die Bikeangels hinter uns zu lassen. Einer machte den Anfang- ich glaube es war Stefan und ich fuhr zufällig daneben. Die Ausfahrt war wunderschön- altes Gemäuer links und rechts und eben Kopfsteinpflaster- aber kein Grobes, bis wir dann wirklich auf der antiken Via Appia waren.


Links und rechts nur ein schmaler Streifen Schotter. Viele stiegen vom Rad, so dass wir uns nach Art eines Crossers hier die beste Spur suchen mussten.

Bild: Tabula-Raser

Ich komme ohne Absteigen durch und bin ganz stolz, als ich sehe, dass meine Lampe vorne anfängt sich nach unten zu biegen und bald darauf abbricht.
Ich stoppe, hole mein Messer aus dem Randonneurchen und schneide das Kabel kurzerhand durch, denn in der Startphase möchte ich nicht allzu lange stehen.
Gleich wieder aufs Rad und los- doch bald wieder gestoppt durch einen anderen Fahrer, denn mein Roadbook, welches gleichzeitig Stempelbuch ist, war aus der Tasche gefallen. Ich hatte den Reißverschluss nicht geschlossen. Mist- gerade für diesen Fall hatte ich mir ein Ritual überlegt; ein Gummiband, welches ich vom Zipper aus an das Ende eines Kabelbinders machen wollte, der sich an der Sattelstütze befand. In der Hektik hatte mein Ritual versagt.
Nun hatte ich auch erst einmal keine Eile mehr- die erste Gruppe war weg.
Das Roadbook ausgerechnet!
Viele hatten mich überholt- sicher war ich nun der letzte unserer Startgruppe.
Ich machte Tempo und tatsächlich kurz vor dem ersten langen Anstieg auf über 600 m, konnte ich wieder bis auf die erste Startgruppe auffahren. Das gab mir ein gutes Gefühl.
Nun ging es also in den ersten Berg der 999 und ich war gespannt, wie es laufen würde- rechts ab von der großen Ausfallstraße in eine ziemliche steile Rampe. Ich gebrauchte natürlich schon die minimale Übersetzung von 34/28. Es reichte, aber ich war mir nachher nicht so sicher, ob es bei so einer Rampe auch am 3. Tag noch reichen würde.
Tom, Klaus und ich kamen zusammen mit etwa 3 oder 4 anderen Fahrern oben an- so wie wir das wollten- keiner von uns konnte sich also hier deutlich absetzen....das haben wir wahrscheinlich alle drei gedacht :-)
Jedoch fing Tom anschließend an zu zupfen- wechselte dabei das Tempo und dann ließ ich die Gruppe ziehen, denn ich hatte mir fest vorgenommen am ersten Tag zügig aber gleichzeitig ruhig zu fahren- also die Zeit eher bei den Pausen nicht zu verbummeln.
In der Abfahrt zog Björn mit Tempo an mir vorbei- er wollte mich noch nach vorne ziehen- ich lehnte jedoch dankend ab. Würde ich die drei noch einmal wieder sehen?

Bis Anagni geht es nun wellig,leicht abfallend, mit einem Schlussanstieg von 200 auf ca 500 m.
Ristoro light (incluso/ not to pay) steht im Roadbook. Eine Verpflegung wie bei einer RTF- es gab alles, Brot, Obst. Riegel und Getränke. Ein Interview wollten sie machen- aber nicht zu lang, sagte ich.

Bald saß ich wieder auf dem Rad- hatte aber leichte Schwierigkeiten die richtige Ausfahrt zu finden. Die Serpentinen waren so eng, dass ich selbst beim Einzoomen noch rätselte.
Die Einbahnstraße lag dann richtig auf dem Track. Sehr steil ging die Straße nun hinunter.
Hoffentlich auch auf der richtigen Straße, die mir irgendwie komisch vorkam...
Doch dann bog ich ab auf eine breitere Straße, die Richtung Süden führte.
Bis Sperlonga, das liegt an der Küste, sind es 100 km- dazwischen ein Berg. Und bei km 74 in Fondi der erste Conad Point.

Conad, der Sponsor, ist eine Supermarkt- Kette. Hier können wir uns an 5 Standorten einen Verpflegungsbeutel abholen. Leider nur im ersten Drittel des Brevets und leider würde ich nur 3/5 nutzen können.
Als ich beim Conad in Fondi ankomme, man musste dazu einen Umweg von ca 250 Metern fahren, finde ich keine anderen Mitfahrer. Ja, auch im Laden selber, weiß man zunächst nichts von Randonneuren und einem Beutel Verpflegung. Erst an der Käse/Fleisch- Theke versteht man, mein Anliegen und mein Rad steht unabgeschlossen vor dem Geschäft...
Kann man damit 1600 km fahren?
Immerhin, mein Panini wird frisch zubereitet. Doch dann kommen auch andere Fahrer- einige Italiener. Ich war offensichtlich der erste Fahrer, der diese Möglichkeit nutzte- die vor mir fahrenden sind wohl durchgerauscht.
Wieder draußen, essen wir gemeinsam und dann montiere ich meine Lampe wieder ans Rad.
Zum Glück gelingt dies gut und schnell. Auch zwei Bike Angels, des Veranstalter, halten hier und von ihnen bekomme ich ein Tape, um die Kabel zu isolieren.

Weiter Stadtauswärts treffe ich den Südkoreaner mit seinem Klapprad- er fragt nach dem Conad und dreht dafür wieder um. Ehrlich gesagt, ich hätte nicht gedacht, dass er soweit kommt.

Sperlonga erreiche ich gegen 16 Uhr. Der Schnitt liegt also bei 20,7 km/h- es läuft gut und es ist inzwischen recht heiß geworden. Hier gönne ich mir eine etwas längere Pause und ein Telefonat in die Heimat. Knapp die Hälfte der Tagesetappe ist geschafft.

Nun verläuft die Strecke eine Weile entlang der Küste- in Scauri bei km 37 lag der nächste Conad- Markt, und von dort sollte es dann wieder ins Landesinnere gehen. Neapel und der Vesuv sollte östlich umfahren werden. Nach zwei mittelschweren Etappen sollte nun ein "easy leg" folgen- so stand es in der Etappenbeschreibung.


aus dem Roadbook:
Easy leg with no particular difficulty...
From Teano to check at Alvignanello, the road is hilly and
the surface is not always in good condition.
In many places on this leg the road surface is in poor condition.

Ich fuhr auf Volker auf und gemeinsam entlang der Küste. Schöne Ausblicke- jedoch bald schon kamen wir in den Sonntag- Nachmittag- Rückreiseverkehr. Stau, an dem wir uns vorbeischlängeln mussten.
Mit einem "leichten Bein" fuhr es sich hier, wie versprochen, ganz und gar nicht.
Zunächst die Stausituation in den Küstenorten- ich komme nicht in einen Rhythmus, da ich immer
wieder bremsen und rausnehmen muss. Ins Landesinnere, in Richtung Ruviano, führt die Strecke auf Nebenstraßen. Der Belag ist mehr als schlecht, ja teilweise nicht mehr vorhanden. Steile Rampen und ein ständiges Bergauf/Bergab machen diese Etappe richtig schwer. Mühsam erkämpfen wir uns die Verpflegung in Ruviano. Hier wir es nun langsam dunkel. Einige Fahrer duschen und schlafen hier schon. Stefan kommt an, als wir wieder weiterrollen- äh wollen. Es rollt hier überhaupt nicht. Auch auf dem nächsten Abschnitt, der mehr durch urbane Landschaften führt, sind die Straßen grottenschlecht. Handgelenke und Füße finden das gar nicht gut. In Caserta, eine Stadt, die für mich nur aus grobem historischen Pflaster besteht, halte ich ansonsten nicht Ausschau nach Sehenswürdigkeiten. Es gibt immer wieder mal Abstecher dorthin auf dem Track. Lieber halten wir für einen kurzen Kaffee und Imbiss. Je später es wird, desto weniger Verkehr haben wir- um so mehr kläffen Hunde am Straßenrand. Pompei durchfahren wir gegen 3 Uhr nachts- menschenleer- aber alle Hunde der Stadt scheinen wach. Endlich kommen wir auf Straßen, die ich im April schon gefahren war und ich weiß, nur noch ein paar Anstiege und dann sind wir in Meta, der Stadt, wo ich zum ersten mal meine Matte aufpusten wollte.
04:30 ist es endlich soweit.
Duschen muss sein- essen nicht- und dann liege ich gegen 5 Uhr auf meiner Matte in der Turnhalle zwischen schnarchenden Randonneuren.
6 Uhr werde ich wach- es ist hell und als ich herumschaue durch die Halle, entdecke ich Clausto, der er sich gerade aufrappelt. freudig überrascht, rufe ich ihn und winke.
Eigentlich wollten wir 2 Stunden schlafen- doch ich bin gleich hell wach.
Auch ich rappel mich auf- gehe in den Hof. Björn und Tom sind auch da, die Gruppe hat 2 h geschlafen- waren somit wohl auch nicht viel eher da wir wir. Und wenn wir nun bald losfahren würden, liege ich gar nicht so weit von meinem Plan entfernt, bei Sonnenaufgang wieder auf dem Rad zu sitzen.
Stefan kommt und will auch mit uns weiter bzw. erst einmal frühstücken in Sorrento und Volker ist auch mit dabei.
So eine Gruppe von 6 Leuten muss aber erst einmal einen Anfang finden- auch ein Grund , warum ich sonst eher alleine fahre. (Sind alle abfahrbereit- gibt es immer einen der gerade fehlt.)
Beim Cafe in Sorrento treffen wir uns, wie verabredet wieder und auch diesmal fällt der gemeinsame Aufbruch schwer. Ich weiß nicht, wann wir letztendlich wirklich die Tagesetappe starteten.
Tom, der vorgab die Mittagshitze nicht zu mögen, war schon vorgefahren.
Der nun folgende Abschnitt, zunächst hoch auf den Pass, der den Golf von Neapel und den Golf von Salerno trennt- dann entlang der Amalfiküste, war auch dieses Mal ein Traum. nicht nur wegen der Ausblicke, die mir ja schon bekannt waren. Ich musste auch keine Fotostopps einlegen- konnte mich voll auf die kurvenreichen Abfahrten konzentrieren und diese genießen. Wow!- Euphorie kam auf und ließen die letzten 200  schweren Kilometer vergessen.
In Maiori kannte ich ein Eiscafe- wir stoppten und anschließend löste sich die Gruppe auf.
Bei mir kam etwas Müdigkeit auf und ich wollte alleine fahren- meinen Rhythmus finden.
Clausto machte sich auf, Tom einzuholen- Björn hinterher. Stefan hatten wir schon am Pass verloren- nur Volker war bald wieder bei mir. Wir hatten einfach das gleiche Tempo. Wir redeten nicht viel und so fuhr jeder für sich sein Tempo...hintereinander.
Einen langen Brevet fahre ich immer alleine. So war es bislang. Ich konnte es mir auch gar nicht anders vorstellen. Doch hier bei der 999 war es anders- Volker und ich blieben nun zusammen bis wir wieder in Rom waren.
In der letzten Nacht hatte Volker Probleme mit dem Licht- so fuhren wir zusammen- heute, tagsüber, war es das gleiche Tempo, der gleiche Rhythmus, sowohl am Berg, als auch später im Flachen.
Ich bin immer "mein Tempo" gefahren, so wie ich immer fahre und ich denke/hoffe Volker musste sich nicht anpassen. Würde auch nicht gehen, bei der Distanz und dem Profil.
Auch durfte ich mit meinem Garmin navigieren und Volker konnte die Akkus seines Gerätes schonen. Auch das wäre bei mir nicht anders gegangen, denn ich verlasse mich da ungerne auf andere. Volker achtete auf die kleinen gelben Pfeile und auf Straßenschilder und so ergänzten wir uns optimal und verfuhren uns quasi kein einziges Mal, abgesehen von ein paar Alternativen Strecken, die aber immer bald wieder auf den Track führten.
Auch sonst verstanden wir uns gut und so profitierten wir beide voneinander.
Mir gefiel es auch, nachts nicht alleine fahren zu müssen- zu Einen wegen der Hunde und zum Anderen wegen der schlechten Wegstrecken.
Im Roadbook wurde auch dringend abgeraten einige Streckenabschnitte im Dunkeln alleine zu fahren. Dies fand ich aber im Nachhinein ein wenig übertrieben.
Aber ich hatte ja auch immer noch Pinos Warnung vor den wilden Hunden im Hinterkopf und am Mirage Club hatten sie (deutsches) Pfefferspray verkauft mit dem Hinweis: "Kein Italiener fährt hier ohne!"

In Salerno stoppten wir beim Conad Markt. Dieser war klimatisiert- dazu der Verpflegungsbeutel und ein paar Erfrischungsgetränke. Sehr willkommen.
Wieder mal trafen wir Stefan und ein paar andere Fahrer- es wurde voll auf der kühlen Fensterbank. Bis Paestum folgte nun etwa 35 flache Kilometer entlang der Küste- schnurgerade und heiß. Wir wechselten häufig- fuhren zügig- hielten nicht an der zusätzlichen Verpflegungsstelle des Veranstalters am Strand und auch nicht bei den vielen Damen, die hier am Wegesrand standen. (erschreckend viele!)
Die Bar Anna, war unser Ziel und auch hier wollten wir uns eigentlich nicht aufhalten- gleich rauf auf die SS166 und rein in den langen Anstieg zum Passo Sentinella.
Doch in der Bar saßen Clautso und Björn beim Eis und dann wollten wir auch eins.
Pino, hatte Mittagspause bei Cicledea, und so konnte ich ihn nicht dort, wie geplant besuchen. Schade.
Diese ersten 111 km des Tages mit 1623 Hm sind im Roadbook als "abbastanza impegnativa" also als "eine ziemliche Herausforderung" beschrieben. Es rollte gut- ähnlich, wie im April und kein Vergleich mit dem zweiten Teil der gestrigen Etappe, denn die Straßen waren gut.
Auch jetzt, im Nachhinein, teile ich die Einschätzung des Veranstalters nicht, denn ich empfand ganz andere Dinge herausfordernd..vielleicht sollte man diese Beurteilungen gar nicht veröffentlichen- so weckt man auch keine falschen Erwartungen. (Bei der Mille Miglia gab es so etwas bislang auch nicht, m.E.)
Der nun folgende Abschnitt bis Athena Lucana sollte "herausfordernd" sein und , wenn man das Profil betrachtet, kann das auch so sein:
1377 Hm auf 64 km mit einem Pass von knapp 1000 m vom Meeresspiegel aus.
Ich kannte den Anstieg ja und bis Roccaspide lief es flüssig bergauf.
Doch nach der anschließenden Abfahrt kam der Hammer mit einer Mischung aus Hitze und Schlafmangel.
Diese 20 km Anstieg waren endlos. Dabei hatten wir die Rampe schon ausgelassen.
Knapp auf der Hälfte des Anstieges sollten wir die SS166 verlassen , um eine Teil "abzukürzen".
Nur war diese Abkürzung (2 km lang)mit wahrscheinlich über 30% Steigung nicht fahrbar.
ich wusste das, weil ich hier im April schon nicht gefahren war und wir blieben auf der SS166 mit ein paar Kilometern mehr. Später hörten wir von vielen Beschwerden der anderen Fahrern.
"Was, wenn man sich hier die Schuhplatten kaputt läuft und die Tour dadurch gelaufen ist?, fragte Tom. Tatsächlich hatte keiner eine Idee, warum der Veranstalter dies so geplant hatte- oder war es ein Fehler beim Routen der Strecke, der dann ins Roadbook übernommen wurde??
Es war so heiß und trocken, dass die Trinkflaschen bald leer waren. In der Not kann ich sogar meine Angst vor Hofhunden überwinden...diese waren dann glücklicherweise eher träge.
Auch kann ich bergauf recht schnell werden, so an der Stelle, wo auch schon im Frühjahr ein paar Kläffer mich scheuchten- glücklicherweise hatten wir hier gerade einen letzten Mann in Form eines anderen Fahrers, den wir gerade überholt hatten.
Steile, schnelle Abfahrt nach Atena Lucana und eine Gerade durchs Tal.
Auf der anderen Seite würde es wieder ansteigen.

Um 18 Uhr erreichten wir den Kontrollpunkt. Auf diesem Abschnitt hatten wir also einen 14er Schnitt gefahren. Hier trafen wir Klaus und die anderen Beiden beim Essen. Ich war so müde und kaputt, dass ich mich nur noch hinlegen und schlafen wollte. Das tat ich dann auch.
Uns war klar geworden, dass dieser Brevet richtig schwer sein würde, dass es schwierig sein würde, unsere gesteckten Ziele zu erreichen und dass wir zusehen mussten in den Zeitlimits zu bleiben. Dies machte zunächst ein etwas ungutes Gefühl, wurde jedoch überdeckt von der großen Müdigkeit oder war es nur eine Folge von der damit verbundenen Schwäche?

Wir schliefen eine Stunde. Danach ging es mir schon besser.
Die anderen waren schon voraus- Volker und ich setzten uns nun in Ruhe an den Tisch- dazu das Roadbook und machten neue Pläne...
Dies war ein wichtiger Teil des Brevets- wie oft hatte ich schon gesagt, dass bei so einem Brevet
das Erreichen des Ziels in erster Linie Kopfsache ist.
Wir planten und rechneten....
Montescaglioso war, wie geplant heute nicht mehr zu erreichen. Vor uns lag eine Etappe die im Roadbook folgendermaßen beschrieben wird:

Fairly difficult leg on high ground
with critical
section....
There are four serious climbs
up to 920, 850, 848 and 900 metres respectively. 
Sections of the road are in disrepair
Diese war heute noch zu fahren und in Tricarico würden wir dann "ausschlafen".
Die Müdigkeit war so groß, dass es anders gar nicht gehen konnte.
Der dritte Tag müsste ein "Ruhetag" werden, um zu regenerieren.
Die Zeitlimits waren zu beachten, klar, aber so viel Zeit hatten wir inzwischen herausgefahren.
Die Zielankunft in Rom verschoben wir um einen Tag.
Noch einmal durchgerechnet- ja- so würde es gehen.
Guten Mutes konnte es jetzt weiter gehen. Der Plan war gut, machbar, und das Erreichen des Ziels im Limit erschien sicher.
Würde ich auch meine gebuchten Züge bekommen- Nun, das war jetzt zweitrangig.

Die ersten drei Anstiege der Etappe liefen recht gut. Es gab wenig Verkehr- überhaupt eine ruhige Ggend, bis auf Hundegebäll, welches uns ständig begleitete.
Nach 60 km erreichten wir Potenza, wahrscheinlich so gegen Mitternacht. Meine Augen fielen zu. Es ging nicht mehr. Die Gefahr durch Sekundenschlaf zu stürzen, wurde immer größer- ich wollte ein Bett. Ich hielt Ausschau nach einem Hotel. Volker war nicht weniger müde, hielt aber nichts davon. Wir legten uns auf eine Bank und ich muss wohl ca. eine halbe Stunde geschlafen haben- anschließend war ich zunächst etwas desorientiert- suchte meine Brille, die ich unters Hosenbein geklemmt hatte.
Doch die halbe Stunde hatte den Augen gut getan und so ging es auf die letzten 40 km des Tages.



"Sections of the road are in disrepair"
- klingt eigentlich ganz harmlos, oder?


War es aber nicht- ich werde nie wieder über die Straßen Ostholsteins nach einem strengen Winter klagen! Als wir endlich fast ganz oben angekommen sind, geht der Track links weg in eine Art Waldweg. Ein paar Höhenmeter noch und dann käme auf eben dieser Straße die steile Abfahrt. Streick! Trackuntreu blieben wir auf dieser "Hauptstraße", die auch nach Tricarico führte- jedoch zunächst noch einmal deutlich über 1000 m und mit einem deutlichen Schlenker in die falsche Richtung. Wer weiß, was uns auf dem "Waldweg" passiert wäre- so müde wie wir waren. Um 4 Uhr erreichten wir unser Tagesziel, einem Fitness Club.

Hier wollten wir nun "ausschlafen". Beim Duschen entdeckte ich das Trikot von Klaus, dass er zum Trocknen an die Garderobe gehängt hatte.

Ich fand einen kleinen Raum getrennt vom großen Schlafsaal mit einem Klappbett und schlief sofort ein.





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